Ausbildung mit Pfiff
Im März 1916 begannen die ersten Auszubildenden in der Werkstatt in Mannheim zu lernen. Inzwischen haben es ihnen fast 11 000 Menschen gleich getan und ihre Ausbildung im Werk Mannheim absolviert. Eine davon ist Joanna Karagiannis (18), die zur Fachkraft für Lagerlogistik ausgebildet wird. Das hundertjährige Jubiläum der Ausbildung im Mannheimer Werk nehmen wir zum Anlass, um uns mit ihr über ihre Ausbildung zu unterhalten:
Joannas Arbeitsplatz ist aktuell in der Just-in-Time-Disposition. Hier wird die Lieferung der Ware, die direkt in die Montage gebracht wird, geplant. Joanna ist hauptsächlich für die Kommunikation zwischen Lieferanten und dem Werk verantwortlich. Diese muss gut funktionieren, damit die Ware rechtzeitig an der Fertigungsstraße ankommt. Um mehr zu erfahren, suchen wir uns einen ruhigen Platz.
Joanna erzählt uns, dass sie in den letzten Wochen in der Berufsschule war. Der Unterricht dort macht ihr Spaß. Sie schreibt gute Noten, obwohl sie zugibt, Hausaufgaben ab und zu auf den letzten Drücker zu machen und das Lernen manchmal vor sich herzuschieben. Trotzdem ist sie froh, jetzt wieder in der Praxisphase zu sein. Sie fängt freiwillig schon um sechs Uhr mit der Arbeit an, weil sie so am Nachmittag noch Zeit für andere Dinge hat. Wenn sie dann auf dem Weg den Sonnenaufgang sieht, freut sie sich auf die Arbeit: „Ich komme jeden Morgen glücklich ins Büro, weil die Kollegen für eine gute Arbeitsatmosphäre sorgen.“ In der aktuellen Abteilung gefällt ihr diese besonders gut und so erzählt sie auch zuhause meistens von lustigen Dingen, die im Büro passiert sind.
Da sie neu in der Abteilung ist, muss Joanna aber auch noch viel lernen. Vor allem ihr Detailwissen möchte sie noch verbessern. Inzwischen fällt ihr das Einarbeiten aber schon leichter als zu Beginn der Ausbildung: „Jetzt im zweiten Jahr kenne ich die Abläufe und weiß, wie alles zusammenhängt. Das macht es einfacher.“ Sie stellt aber auch fest: „Eigentlich kann man ja in allen Tätigkeiten besser werden.“
Für die Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik sollte man laut Joanna gut mit Menschen auskommen und offen für neue Begegnungen sein. Der Kontakt mit Kollegen und Lieferanten ist besonders wichtig. Außerdem ist Flexibilität erforderlich, da man in vielen verschiedenen Abteilungen arbeiten und sich deswegen schnell an neue Arbeitsabläufe gewöhnen muss. Bevor sie in die Just-in-Time-Disposition kam, arbeitete Joanna in der Lagerdisposition. Weil die Ware dort statt zur Montage zunächst ins Lager gebracht wird, ist es dort nicht so hektisch. Dennoch stellt Joanna fest: „Ich habe nichts zu bemängeln.“
Wir fragen Joanna, worauf sie niemals verzichten könnte. Ohne nachzudenken antwortet sie: „Auf meine beste Freundin. Wir machen alles zusammen und erzählen uns alles.“ Am Wochenende gehen die beiden gerne shoppen oder ein Eis essen. Joannas großer Traum ist es, mit ihrer besten Freundin eine Weltreise zu machen. Dabei möchte sie unbedingt auf einer kleinen Insel mit gutem Wetter und Palmen Halt machen. Sie ist ein Sonnenmensch und kriegt schnell schlechte Laune, wenn das Wetter regnerisch und kalt ist.
Wenn sie nicht mit ihren Freunden unterwegs ist, geht Joanna gerne mit ihrer Schwester im Wald Inlineskaten. Generell unternimmt sie viel mit ihrer Familie. Ihre Vorbilder sind auch keine bekannten Persönlichkeiten, sondern Familienmitglieder: „Ich bin beeindruckt von Leuten, die mit viel schwierigeren Sachen zu kämpfen hatten als ich. Dann überlege ich mir, dass ich damit zufrieden sein sollte, was ich habe und wie ich bin.“
Nach Feierabend liest Joanna gerne. Vor allem die Bücher „Hunger Games“ und „The Fault in our Stars“ haben es ihr angetan. Sie liest die meisten Bücher auf Englisch. Sie erzählt uns, dass sie schon immer besser im Englisch- als im Deutschunterricht war. Wenn ihr ein Buch besonders gut gefallen hat, dann schaut sie auch den Film. Ansonsten mag sie keine Filme oder Serien: „Fernsehen ist verschwendete Zeit, da lese ich lieber.“ Joanna lacht, als sie uns das erzählt und fügt hinzu: „Manchmal bin ich irgendwie komisch.“ Und so würden sie wohl auch ihre Freunde beschreiben: "Verrückt, aber liebenswert." Das ist auch unser Eindruck von Joanna. Sie ist ein aufgewecktes Mädchen, das viel und gerne lacht, aber auch sehr wissenshungrig ist.
Das zeigt sich auch daran, dass sie nach ihrer Ausbildung und ein paar Jahren Arbeit gerne noch eine schulische Weiterbildung machen möchte. Aktuell fände sie besonders eine Weiterbildung im betriebswirtschaftlichen Bereich spannend.
Gegen Ende des Gesprächs erzählt uns Joanna noch, dass sie bald zum zweiten Mal zu einem Entwicklungsworkshop fährt. Hier fahren die Auszubildenden zweier Berufe gemeinsam eine Woche weg, um sich untereinander kennenzulernen und ihre Sozialkompetenz zu verbessern. Im ersten Ausbildungsjahr hat ihr der Workshop viel Spaß gemacht und sie freut sich auch in diesem Jahr darauf.
Joanna wird nach eigenen Angaben oft als liebes, braves Mädchen von nebenan abgestempelt. Wir sind froh, erfahren zu haben, dass sie auch andere Seiten hat. Sie ist lustig, voller Lebensfreude und vor allem motiviert ist. Dass sie zudem noch Spaß an ihrer Ausbildung hat und sich dort engagiert, freut uns natürlich besonders.
Text und Fotos: Julian Kunschke und Nele Spandick