Auf Augenhöhe mit Begeisterung

Die Komfortzone verlassen, sich neuen Herausforderungen stellen, wissbegierig bleiben. Was für die einen eher unangenehm ist, verstehen andere als Bereicherung – so auch Christian Müller, den ich in seinem Büro bei der EvoBus in Mannheim treffe. Erst im Herbst vergangenen Jahres hat er sich beruflich auf ein etwas anderes Terrain gewagt und ist vom Bereich Entwicklung Fahrwerk und EE-Systeme in den Controlling-Bereich der Entwicklung gewechselt. Als „Teamleiter Planung & Controlling“ innerhalb der Entwicklung widmet er sich seither völlig neuen Aufgaben. Dabei hat für ihn der Spaß an der Arbeit schon immer einen ganz besonders hohen Stellenwert eingenommen: „Das Zitat ‚Freude am Beruf führt zu Perfektion bei der Arbeit‘ von Aristoteles beschreibt meine Arbeitsmoral sehr treffend‘“, erklärt er mir lächelnd.

Worauf es im Joballtag ankommt

Nach wie vor kommt er mit all den interessanten Entwicklungsthemen, wie z. B. der E-Mobilität, in Berührung – wenn auch aus einer völlig neuen Perspektive. „Bei den Wintererprobungen in der Entwicklung war ich früher immer dabei“, schwärmt er. Und obwohl er daran inzwischen nicht mehr beteiligt ist, hege ich dennoch keinen Zweifel daran, dass sich Christian Müller voller Elan seiner aktuellen Position widmet.

Mit in das neue Team bringt er nicht nur mehrjährige Führungserfahrung, sondern auch umfangreiches Know-how: Unter anderem liegt das in der Entwicklung und Erprobung von Fahrwerks-, Elektrik- und Elektronik-Systemen bei Pkw und Bus bis hin zur SE-Teamleitung in großen Fahrzeugprojekten. Zusammen mit seinem Team plant er jetzt das Budget für den Entwicklungsbereich bis 2025 und koordiniert die Berichterstattung der strategischen Planung an die höhere Führungsebene. In seinem neuen Aufgabengebiet geht es darum, „revisionssicher“ zu sein: Die Zahlen müssen stimmen.

Was ist ihm im Arbeitsalltag persönlich besonders wichtig? „Neben innerer Ausgeglichenheit und Besonnenheit ist es die emotionale Intelligenz“, meint er, „und natürlich, dass man fachlich fit ist.“ Deswegen waren gerade die letzten Monate besonders herausfordernd, als es daran ging, sich in die neuen Aufgaben einzuarbeiten und dem gewohnten Anspruch an besonders gute Leistungen gerecht zu werden. Etwas unsicher war er zunächst schon, als er der Geschäftsführung zum ersten Mal die Zahlen vorlegen sollte, in der Hoffnung, dass alles passt.

In der Zusammenarbeit mit den Kollegen ist ihm außerdem wichtig, dass untereinander Vertrauen besteht und Verantwortung abgegeben wird. Von Leadership 2020 ist er deswegen nicht einfach nur „Fan“ – mit voller Überzeugung ist er bestrebt, die Prinzipien, allen voran „Empowerment“, in seinen Führungsalltag beim Bus zu integrieren.

Begeisterung für den Bus – von Anfang an

Relativ schnell wird mir klar, dass mein Gegenüber sich schon seit frühester Kindheit dem „großen“ Automobil verbunden fühlt. Solche große Reifen wie beim Truck oder beim Bus hinterlassen doch auch gleich viel mehr Eindruck! Mit Freude zeigt er mir eine Reihe von Bildern aus seiner Kindheit. Sein damaliger Traum war es immer, Testfahrer bei den ganz „Großen“ zu werden: Voller Stolz thronte er als kleiner Bub schon auf den Fahrersitzen von Bus und Truck. Während er mit mir plaudert, fällt mein Blick auf die kleine Sammlung an Modellautos, die neben ihm auf einem Regal platziert ist. Ich frage ihn spontan nach seinem Lieblings-Busmodell: Es sei ohne Frage der CapaCity L Gelenkbus, an dem er selbst im Bereich Fahrdynamik und Lenksysteme mitgewirkt hat.

Zu Daimler kam Christian Müller ganz ohne Umwege. Seine berufliche Laufbahn hat sich also von Anfang an im Entwicklungsbereich von Pkw und Bus abgespielt. Nach seinem Abitur begann für ihn im Jahr 1994 das duale Maschinenbau-Studium mit Fachrichtung Konstruktion an der Berufsakademie Mannheim und bei der Daimler-Benz AG. Im Anschluss daran absolvierte er ein berufsbegleitendes Studium der Mechatronik und Fahrzeugtechnik an den Technischen Universitäten Dresden und Darmstadt. Der berufliche Werdegang war in gewisser Weise auch durch sein Hobby vorgezeichnet, denn das Schrauben und Werkeln an Fahrzeugen hat ihm schon immer sehr viel Freude bereitet.

„Warum bist du eigentlich nicht beim Pkw?“ – ein Satz, den er von seinem Umfeld schon des Öfteren gehört hat. Bevor ich nachfragen kann, was er darauf erwidert, winkt er schon lässig ab und liefert mir prompt seine Erklärung: Beim Bus kann er viel Verantwortung übernehmen, Dinge anpacken und selbst vorantreiben. Das gefällt ihm. Und es motiviert ihn ungemein. Im neuen Team schätzt er zudem die standortübergreifende Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Neu-Ulm und der Türkei. Ein guter Zusammenhalt im Team und ein angenehmes Arbeitsklima liegen ihm dabei persönlich besonders am Herzen.

Obgleich er beruflich Vieles erreicht hat, macht er auf mich einen sehr bodenständigen Eindruck. Er wirkt auf mich wie jemand, der seinen Mitmenschen unvoreingenommen und vor allem „auf Augenhöhe“ begegnet. Anstelle von Anzug und Krawatte bevorzugt er das etwas legerere Business-Outfit, das seine entspannte und eher lässige Art unterstreicht. Sicherlich ist es das, was eine Person wie Christian Müller so authentisch macht: Er will sich selbst treu bleiben – und zwar nicht nur im Beruf, sondern auch privat.

Die Familie ist nicht nur sein großer Stolz, sie ist auch sein Rückhalt. Mit Frau und Kindern unternimmt er gerne Reisen. Sardinien hat es ihnen besonders angetan, da die Insel nicht nur wunderschön, sondern auch besonders kinderfreundlich ist. Am Wochenende und in seiner Freizeit zieht es ihn in die Natur, beispielsweise auf dem Mountainbike, oder auf die Rennstrecke. Sein ältester Sohn hat schon früh im Kart die Rennfahrerlaufbahn gestartet, die Christian Müller leidenschaftlich gerne unterstützt. Außerdem sitzt er selbst auch immer wieder gerne hinter dem Lenkrad.

Der Bus spielt im Übrigen auch zu Hause eine ganz besondere Rolle. Die ganze Familie ist mit Herz und Seele dem Bus gewidmet – und seine Augen strahlen, als ich das von ihm erfahre. Seine Frau ist bei der EvoBus im Projekthaus tätig und die drei Sprösslinge wissen schon ganz genau, was ihr Papa bei der Arbeit so macht. „‘Da kommt ein Papa-Bus’ hören meine Frau und ich manchmal“, sagt er und schmunzelt. Wie wohl jeder Vater wünscht sich auch Christian Müller, dass seine Jungs in ihm ein Vorbild sehen. Vor allem ist es die Begeisterung für Automobilthemen, die er an seinen Nachwuchs weitergeben möchte.

„Ohne Spaß ginge das alles nicht“

Automobilbegeisterung und Nachwuchsförderung gehören für Christian Müller einfach zusammen. Diese Einstellung zeigt sich auch in seinem aktiven Engagement für die Ausbildung von Studierenden. Als Hochschulbotschafter der Daimler AG unterrichtet er regelmäßig als Dozent für Fahrzeugtechnik an der DHBW Mannheim und gelegentlich im Rahmen von Blockseminaren an der Hochschule Heidelberg. Dabei setzt er am liebsten die „graue“ Theorie in Praxis um und zeigt den Studenten in Fahrpraxisseminaren, was es wirklich heißt, die Gesetze der Physik hautnah zu erleben – beispielsweise beim Driften mit dem Auto auf dem Hockenheimring. Nebenher stehen auch die Förderung von Potentialträgern, Teamevents, Innovationsmanagementseminare und ADAC Fahrertrainings auf dem straffen Freizeitprogramm.

Das Thema Nachwuchsförderung geht für ihn über die reine Automobilbegeisterung hinaus. Sich selbst sozial zu engagieren, das ist es vor allem, was für Christian Müller Nachhaltigkeit auszeichnet. Ein besonderes Augenmerk lege ich in unserem Gespräch daher auch auf die Bildungsinitiative genius, welche seit langem schon fest in die Nachhaltigkeitsstrategie von Daimler verankert ist. Ich möchte gerne herausfinden, was Christian Müller dazu bewegt, sich als genius-Botschafter zu engagieren. Durch puren Zufall ist er vor vier Jahren, als es für ihn um die Frage ging, wie er sich freiwillig engagieren könnte, auf die Initiative aufmerksam geworden – und war direkt von ihrem Kerngedanken überzeugt: Mit genius bringt Daimler Kindern auf spielerische Weise den naturwissenschaftlich-technischen Bereich näher. „Der Applaus und die strahlenden Augen der Beteiligten sind einfach immer eine positive Selbstverstärkung meines eigenen Tuns und motivieren mich ungemein“, betont er. Vor einiger Zeit hat er zum Beispiel an einer Grundschule in Heidelberg eine Schulstunde zum Thema „Bus der Zukunft“ gehalten. Darin konnten die Kinder bastlerisch, zum Beispiel mithilfe von Baukastensystemen, ihre kreativen Ideen umsetzen.

Es beeindruckt mich, dass Christian Müller Verantwortungsbewusstsein seinen Mitmenschen gegenüber mit einer großen Selbstverständlichkeit und scheinbaren Leichtigkeit in den Alltag integriert. Sicherlich ist es nicht immer einfach, gesellschaftliches Engagement mit Beruf und Familie „unter einen Hut“ zu bekommen. „Ohne Spaß ginge das alles nicht“, erklärt er und erinnert damit an das eingangs erwähnte Zitat von Aristoteles, was für Christian Müller zum Lebensmotto geworden ist. Neben der Unterstützung durch die Familie ist es wohl vor allem auch seine positive Einstellung und eine große Portion Herzblut, die die vielfältigen Interessen und Aufgaben nebeneinander möglich machen und sein Leben enorm bereichern.

Text: Franziska Schier
Fotografie: Selina Traumer

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