Praxis trifft Wissenschaft

Zusammenarbeit des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) mit Daimler Buses

Ein Gespräch mit Prof. Dr.-Ing. Eric Sax, Leiter des Instituts für Technik der Informationsverarbeitung am KIT und Direktor des Forschungszentrum Informatik, über seine Arbeit, die Bedeutung der Forschungsarbeit für Daimler Buses und Felder der Zusammenarbeit zwischen dem KIT und Daimler Buses. Prof. Dr.-Ing Eric Sax war bis Ende 2014 Leiter Entwicklung Elektrik/Elektronik bei Daimler Buses.

Bei strahlendem Sonnenschein kommen wir am Campus des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) an. Wir sind beeindruckt von dem weitläufigen und grünen Gelände. Nach kurzer Suche treffen wir im Büro von Prof. Dr.-Ing. Eric Sax ein und werden dort schon erwartet. Eric Sax hat seinen Schreibtisch seit anderthalb Jahren auf dem Campus. Er arbeitet hier als Leiter des Instituts für Technik der Informationsverarbeitung. Außerdem ist er Direktor am Forschungszentrum Informatik, das sich ebenfalls in Karlsruhe befindet.

Vor seiner Professorentätigkeit war Eric Sax Leiter der Entwicklung Elektrik/Elektronik für Daimler Buses. In dieser Funktion war er für die weltweiten Entwicklungsstandorte zuständig. Man kann seinen Werdegang in seinem Büro erkennen. An der Wand hängt das Foto eines Busses, beschrieben mit vielen Unterschriften ehemaliger Kollegen. Ein Abschiedsgeschenk, so erzählt er uns später. Auch ansonsten finden sich überall Busutensilien. Modellbusse reihen sich auf dem Regal.

„Bei den Daimler-Kollegen war ich im kollegialen Scherz schon immer so ein bisschen der Promovierte, der Bücher veröffentlicht und in der Lehre tätig ist. Gefühlt stand ich immer noch mit einem Bein in der Wissenschaft.“ Er schildert uns, dass er sich bereits zu Beginn seiner Praxistätigkeit vorstellen konnte, wieder zurück in die Forschung zu gehen. Schließlich war er schon vor seinem Einstieg bei Daimler einige Jahre am KIT.

Die Forschungsschwerpunkte des KIT sind Information, Mobilität und Energie. Die Nähe zur Automobilbranche ist demnach unverkennbar. Schon immer gibt es viele Kooperationen mit der Daimler AG. Diese Verbindung ist auch historisch bedingt: Bei einem späteren Spaziergang über den Campus entdecken wir ein Denkmal von Carl Benz, der hier 1860 sein Maschinenbaustudium antrat. Durch seine weiterhin bestehenden Kontakte zu Daimler Buses hat Eric Sax die Kooperation mit dem Busbereich im Speziellen nun noch weiter ausgebaut.

Von dieser Zusammenarbeit profitieren beide Seiten. Daimler Buses ist weltweit Markt-, Innovations- und Technologieführer. Es gibt im Busbereich jedoch Eigenarten und Randbedingungen, die für den Erhalt dieser Spitzenposition relevant sind. Hier macht es Sinn, Universitäten an Bord zu holen, denn diese haben, laut Eric Sax, einen entscheidenden Vorteil: „Wir dürfen scheitern. Die Möglichkeit zu scheitern ist sogar wichtig für uns – neue Wege auszuprobieren, das Spektrum zu erweitern.“ Die akademische Forschung kann also auf eine ganz andere Weise Innovationen ausprobieren. Das genau wünscht sich Prof. Dr.-Ing. Sax von Daimler für die Zusammenarbeit: „Wir sind kein Ingenieursbüro. Gebt uns Aufgaben, bei denen ihr nicht genau wisst, ob sie klappen oder nicht.“

Ein zweiter Nutzen, den Daimler aus der Kooperation ziehen kann, ist die Zusammenarbeit mit  motivierten und bestens ausgebildeten jungen Menschen. Genau das gefällt Eric Sax besonders gut an seiner neuen Wirkungsstätte. „Es ist ein Privileg mit jungen, hoch engagierten Menschen zusammenarbeiten zu dürfen. Ihnen etwas geben zu dürfen, Begeisterung zu wecken, mit ihnen auch nach ihrer Zeit als Doktorand in Kontakt zu bleiben. Außerdem haben wir einige der besten Köpfe hier. Ein großes Glück.“ Die Studierenden, Promovierenden und wissenschaftlichen Mitarbeiter am KIT profitieren ebenfalls von der Kooperation, sowohl in der Lehre, als auch in der Forschung.

In der Forschung unterstützt das KIT Daimler Buses zum Beispiel dabei, die Elektrik/Elektronik-Architektur von Fahrzeugen weltweit zu vereinheitlichen. Eric Sax erklärt uns, dass jedes Fahrzeug viele Steuergeräte hat, die miteinander kommunizieren. Diese sorgen für die verschiedensten Funktionen im Fahrzeug – vom Verstellen der Sitze bis hin zu automatisierten Bremsvorgängen. Diese Systeme für eine bestimmte Region zu entwickeln, ist die eine Sache. Wir möchten Technologien aber so entwickeln, dass sie möglichst auch auf andere Regionen übertragbar sind. Das spart eine Menge Arbeit und somit auch Kosten. Diese Übertragungsleistung zwischen verschiedenen Regionen führt zu verschiedenen Problemen: Sie reichen von abweichenden Navigationsdaten über unterschiedliche Gesetzgebungen bis hin zu unterschiedlichen Updatezyklen der Software. Die komplexen Prozesse und Methoden, die nötig sind, um derartige Probleme zu lösen, sind nicht die Kernkompetenz der Automotive-Industrie. Hier ist die Unterstützung durch Forschungsinstitute besonders hilfreich. Vor allem für die Zukunft wird das wichtig sein, berichtet uns Prof. Dr.-Ing. Sax: „Automotive ist in Zukunft sehr mathematisch. Wir haben auf einmal Big Data und Schwarmintelligenz. Außerdem auch neue Themen wie Bilddatenverarbeitung. Diese Kompetenzen müssen erst gesammelt und dann sinnvoll verknüpft und zusammengehalten werden. Darin sehe ich eine meiner künftigen Aufgaben.“

Um zu sehen, wie Daimler Buses das KIT bei der Lehre unterstützt, gehen wir ein Stockwerk tiefer. Dort steht in einem Raum ein Türenprüfstand. Mit diesem können Studenten erproben, beispielhaft Software für den Einklemmschutz oder ähnliche Eigenheiten zu entwickeln. Das System steht exemplarisch für die Anwendung aktueller Prozesse und Tools von der Anforderungsbeschreibung, über Modellbildung bis zu Integration und Test. Außerdem werden die Wissenschaftler durch solche Projekte dem Nutzfahrzeugbereich näher gebracht. Eric Sax bringt auch ansonsten immer wieder Praxiserfahrung aus dem Busgeschäft in seine Lehre ein.

Nach unserem Besuch beim Türenprüfstand gehen wir weiter in einen historischen Hörsaal. Sax zeigt uns alte Lehrmodelle. Er erläutert dabei, wie den Studierenden in früheren Zeiten bestimmte Kompetenzen vermittelt wurden. Außerdem erzählt er uns, was er vermisst, seitdem er zurück an der Universität ist: „Ein Produkt gemeinsam zu entwickeln, schweißt unglaublich stark zusammen. Wenn man weiß, dass am Ende der Kunde steht, der das Fahrzeug vom Hof fährt, dann ist das ungeheuer befriedigend. Dieses vereinende Element fehlt hier leider.“

Bei unserem darauf folgenden Spaziergang über den Campus führt uns Eric Sax an einige historische Stätten. Seine Begeisterung für die Universität ist förmlich spürbar. Als wir das Carl Benz Denkmal erreichen, wird aber auch erneut seine Begeisterung für Daimler deutlich.

Eric Sax zeigt, wie Wirtschaft, Forschung und Lehre fruchtbar zusammenarbeiten können, um neue Innovationen zu entwickeln und zu verwirklichen. Wir freuen uns auf weitere Kooperationen von Daimler Buses mit dem Karlsruher Institut für Technologie.

Text und Bilder: Julian Kunschke und Nele Spandick

Nach oben